1. Geschichtliche Bedeutung. Das Hüttenfest soll uns daran erinnern, dass Gott unseren, durch den Auszug aus Ägypten und den Empfang der Tora leiblich und geistig frei gewordenen Vätern vierzig Jahre lang in der Wüste Schutz und Nahrung gewährte da, wo sie beides aus eigener Kraft nicht erlangen konnten; er führte und deckte sie durch seine Wolkensäule bei Tag, durch die Feuersäule bei Nacht. Diese Erinnerung soll in uns allmählich die Überzeugung befestigen dass Gott Israel, den Träger seiner Tora, nie verläßt und immer schützt. Darüber sollen wir uns dankbar freuen an diesem Feste, der Zeit unserer Freude (S’man simchatenu).
2. Jahreszeitliche Bedeutung. Da die geschichtliche Tatsache, welche diesem Fest zugrunde liegt, an keinen bestimmten Tag gebunden ist, sie dauerte ja vierzig Jahre, so konnte dieses Fest auf jede Jahreszeit verlegt werden. Die Tora verlegte es auf diese Jahreszeit aus verschiedenen Gründen. Es sollte dem geschichtlich feststehenden Versöhnungstag möglichst bald folgen, damit sich in die an diesem Fest uns ganz besonders gebotene Freude auch die über die neue erlangte Sühne mische. Außerdem sollte, wie am Pessach der Anfang so an diesem Feste der Schluß aller Ernten und Einheimsungen gefeiert und die Darbringung der Erstlingsfrüchte (62,2) im großen und ganzen geschlossen werden. Das Hüttenfest ist Herbstfest Chag ha‑assif; an demselben sollte Israel, so lange es auf seinem Erbe wohnte, seines irdischen Besitzes und Segens recht dankbar froh werden.
3. Die besonderen Vorschriften, welche wir an diesem Fest zu beobachten haben, sind folgende:
A.
a. Es ist uns geboten, sieben Tage in Hütten zu wohnen. Diese Hütten sollen uns in einem schönen Bilde den Schutz veranschaulichen, den Gott unseren Vätern gewährte, als sie obdachlos in der Wüste lebten. Über die Ausübung dieses Gebetes ist zu merken:
b. Die Wände der Hütte dürfen aus jedem beliebigen Stoff gefertigt werden, müssen mindestens 10 Fausthöhen hoch sein und eine Fläche von mindestens 7 Fausthöhen im Gevierte umschließen. Sie dürfen nicht um 3 Fausthöhen von dem Boden, auf welchem die Hütte steht, entfernt sein, und wenn sie aus Leinwand oder dergleichen Stoff bestehen, muß dieser so angespannt und befestigt sein, dass er vom Winde nicht hin und her geweht werden kann. Können nicht vier Wände, was das vorzüglichste ist, errichtet werden, so genügen drei, welche zwei Winkel vollkommen einschließen, ja sogar zwei, einen Winkel einschließende und ein Teil einer dritten Wand; im letzten Fall ist jedoch die Belehrung eines Torakundigen zu erholen. Die Einholung solcher Belehrung ist auch jedem zu raten, der eine Hütte im Hause einrichten will.
c. Die Decke bildet den Hauptbestandteil der Hütte. Zu der Decke dürfen nur Pflanzenstoffe (jedoch nicht Früchte) verwendet werden. Die Pflanzen müssen aber vor der Verwendung vom Erdboden getrennt werden und dürfen weder in Bündeln gebunden, noch zu Gerätschaften und Geweben u. dgl. verarbeitet sein, also lose Baumzweige, Stroh, Laub, Gras, Heu, Schilfrohr u.dgl. Übelriechende Stoffe dürfen weder zu Wänden noch zur Decke verwendet werden. Sollen Lauben zu Festhütten benützt werden, so müssen die die Decke bildenden Zweige abgeschnitten, aufgehoben und dann wieder hingelegt wrden; denn der Deckstoff darf weder am Boden angewachsen sein, noch darf man eine von Natur oder durch Zufall entstandene Decke als Festhütte benutzen, sie muß gemacht werden ( ); darum sollen die Wände vor der Decke hergestellt sein. Die Decke darf nicht zwanzig Ellen (120 Fausthöhen) vom Boden und in der Breite nicht drei Fausthöhen von den Wänden entfernt sein. Beim Auflegen der Decke, sowie bei der Benutzung der Hütte muß diese unter freiem Himmel stehen; sie darf jedoch, nachdem die Decke fertig ist, für die Zeit, da die Hütte nicht benutzt wird, überdacht werden. Die Decke muß so dicht sein, dass sie nicht mehr Licht als Schatten gewährt, darf jedoch nicht so dicht sein, dass sie den Regen nicht durchläßt. Deckstoffe, welche durch Abfallen, Eintrocknen oder Faulen während der Festzeit so abnehmen könnten, dass die erforderliche Dichtigkeit nicht mehr vorhanden wäre, dürfen zur Decke nicht benutzt werden.
d. Die ganze Hütte muß nach Stoff und Bauart so dauerhaft sein, dass sie sieben Tage, dem gewöhnlichen Wind zu widerstehen vermag. Sie darf nicht an einer Stelle errichtet werden, wo eine Störung des behaglichen Aufenthaltes zu fürchten ist, also nicht wo es übel riecht oder wo man Gefahren ausgesetzt ist. Alles zur Hütte Verwendete, auch die zur Ausschmückung dienenden Gegenstände, darf während der neun Festtage zu keinerlei Nutznießung gebraucht und am Sabbat oder Festtag nicht von seiner Stelle genommen wrden; nur etwaigen Wandschmuck darf man, um ihn vor Regen zu schützen, abnehmen.
e. Das Gebot erfordert, dass wir die Hütte während des Festes als unsere Wohnung betrachten, darin speisen, uns aufhalten, mit Tora uns beschäftigen wie sonst in unserer Wohnung. Wenn es in die Hütte so regnet, dass wir unter gleichen Verhältnissen auch unser Zimmer verlassen würden, sollen wir nicht darin speisen. Bei unseren klimatischen Verhältnissen ist es auch gestattet, außerhalb der Hütte zu schlafen. In der ersten Nacht ist man aber, selbst wenn es stark regnet, verpflichtet, in der Hütte das Kiddusch zu sprechen und Brot von Olivengröße zu essen, ohne jedoch die Benediktion Lejoschew basukka zu sprechen. Wenn es in der zweiten Nacht regnet, spricht man auch das Kiddusch in der Wohnung und genießt nach der Mahlzeit Brot von Olivengröße in der Hütte, selbstverständlich ohne genannte Benediktion zu sprechen. ‑ Obst, Wein, Eier, sowie aus den fünf Getreidearten gekochte Speisen, wenn diese nicht als Mahlzeit eingenommen werden, darf man außerhalb der Hütte genießen. Es ist aber lobenswert, nicht einmal Wasser außerhalb der Hütte zu trinken.
Frauen sind zur Erfüllung dieses Gebotes nicht verpflichtet, doch zünden sie die Sabbat‑ und Festlicher in der Hütte an; Knaben sollen je nach ihrer Entwicklung vom 6. oder 7. Lebensjahr an zum Aufenthalt in der Hütte angehalten werden. So oft man nach längerer Unterbrechung zum Aufenthalt in die Hütte zurückkehrt, spricht man die Benediktion Lejoschew baSukka.
B.
a. Ferner gebietet die Tora, an diesem Feste vier Pflanzenarten zu nehmen, nämlich: Eine Frucht eines uns durch die Überlieferung bekannten, zur Familie der Orangen gehörigen Baumes(Eßrog Etrog), einen Zweig, eigentlich Blattt, der Dattelpalme (Lulaw ), drei Zweige des Myrtenbaumes (hadassim) und zwei Zweige der Bachweide (arawot), um uns damit vor Gott zu reuen. Unsere Weisen s.A. geben uns über die Bedeutung dieser Pflanzenarten viele sinnige Erklärungen, von welchen jede einzelne geeignet ist, uns dieses Gebot besonders lieb und wert zu machen. Doch muß schon das Bewußtsein, dass Gott es uns geboten, hinreichen, um uns zu veranlassen, dass wir uns mit den einzelnen Vorschriften bekannt machen, damit wir das Gebot gewissenhaft erfüllen können.
b. Die Tauglichkeit der vier Pflanzenarten, namentlich der drei erstgenannten, zur Erfüllung des Gebotes hängt von vielen Eigenschaften ab, die man nur durch genaue Unterweisung in den betreffenden Vorschriften kennen lernen kann; deshalb soll derjenige, der die erforderliche Kenntnis nicht besitzt, Etrog, Lulaw und Myrten nur von einem in jüdisch‑religiösen Angelegenheiten vertrauenswürdigen Mann kaufen oder vor dem Gebrauch einem Torakundigen zeigen. Die Weiden, welche viele sich selbst verschaffen, müssen von jener Art sein, deren Blätter langgestreckt und schwach gezahnt sind und deren Stengel rot ist oder sich später rötet. Sind die Holzspitzen abgebrochen, die Blätter vertrocknet, zum größten Teil abgefallen oder abgerissen, so sind die Weiden unbrauchbar. Diese sowohl als die Myrten sollen eine Länge von 12, der Lulaw an der mittleren Blattrippe eine solche von 16 Daumenbreiten haben; im Notfalle genügen je 10 und 13 1/3 solcher Breiten. Ein Haupterfordernis ist, dass wir vollkommen rechtmäßig in den Besitz aller vier Arten (auch der Bestandteile der Hütte) gelangt sind. Wir dürfen die Weiden darum nicht auf einem nicht uns gehörigen Grundstück ohne Erlaubnis des Eigentümers abschneiden Wir dürfen uns die vier Arten zur Erfüllung des Gebotes entlehnen, außer am ersten Tage; an diesem müssen wir, wenn wir sie nicht eigen haben, sie uns zum Gebrauch schenken lassen, um sie hernach wieder zurückzuschenken. Wir sollen uns bemühen, alle vier Arten so schön als möglich zu bekommen. Alle vier Arten bilden eine Einheit. Wem es darum unmöglich war, alle vier zu bekommen, oder in tauglichem Zustand zu bekommen, der nimmt wohl die, welche er hat, aber ohne Segensspruch.(Bracha).
c. Lulaw, Myrten und Weiden sind (es geschieht dies gewöhnlich mit Lulawblättern) auf folgende Weise zu einem Strauß fest zusammenzubinden. Man bindet zerst die Blätter des Lulaw an drei Stellen ringförmig an dessen (mittlere) Hauptrippe, dann, indem diese dem Bindenden zugewandt ist, die Myrten recht, die Weiden links derart mit dem Lulaw zusammen, dass dieser alles, die Myrten aber die Weiden überragen. Es ist verboten, irgend eine andere Art beizufügen. (11, 1b.
d. Beim Ausüben des Gebotes nehmen wir den Lulawstrauß, die Mittelrippe uns zugewandt, in die Rechte, den Etrog, den Stiel nach oben, in die Linke, bis wir den Segensspruch al nitilat Lulaw, am ersten Tage auch schehechhejanu, gesprochen; hernach drehen wir den Etrog um, so dass wir alle vier Arten in ihrer natürlichen Wachstumstellung in den Händen haben, halten den Etrog fest an den Lulawstrauß und bewegen ihn je dreimal nach Ost, Süd, West, Nord, nach oben und unten hin und her, um den allgegenwärtigen Schöpfer und Eigentümer des Weltalls zu preisen; ebenso geschieht es während des Hallel bei den Versen chodu und ana H‘ hoschia na nicht aber bei (haz’licha) und dabei ein Umzug mit dem Lulaw um eine in der Mitte aufgestellte Torarolle gehalten. Am siebenten Tag (hoschana raba) werden mehrere solcher Gebete verrichtet und sieben Umzüge gemacht. An diesem Tag hat jeder außer den Weiden am Lulaw noch ein Bündelchen von (gewöhnlich fünf) Weidenzweigen zu nehmen, das man gegen das Ende dieser Gebete, nachdem man den Lulaw abgelegt, in die Hand nimmt und nach dem Schlusse der Gebete zwei‑, dreimal an den Boden schlägt. Es soll uns dies an einen uralten, von den Propheten eingeführten Gebrauch im Tempel, der jetzt in Schutt liegt, erinnern.
e. Wir sollen das Gebot des Lulaw früh morgens erfüllen, und es ist uns streng verboten, vor dessen Erfüllung etwas zu genießen. Wem es jedoch morgens unmöglich war, der darf es den ganzen Tag nachholen; die Nacht ist aber keine Zeit für die Erfüllung dieses Gebotes. Am Sabbat wird der Lulaw nicht genommen, damit wir nicht veranlaßt werden, ihn in einen anderen Besitzkreis zu bringen. (56, 39; 63, 2.)
f. Weder von den vier Arten noch von den zur Hütte verwendeten Gegenständen darf man nach dem Fest einen unwürdigen Gebrauch machen, nachdem sie zur Erfüllung göttlicher Gebote gedient haben.
Am fünfzehnten Tag dieses siebenten Monats ist das Fest der Hütten sieben Tage Gott geweiht. Am erste Tag ist Berufung zum Heiligtum, kein Dienstwerk dürft ihr verichten. Und ihr sollt euch nehmen am ersten Tag eine Frucht vom Prachtbaum, Palmzweigblätter und Zweige vom Myrtenbaum und Bachweiden und euch damit freuen vor Gott, eurem Gott, sieben Tage. In den Hütten sollt ihr wohnen sieben Tage; alle in Israel Eingebürgerten sollen in den Hütten wohnen, damit eure Nachkommen es wissen, dass ich in den Hütten habe wohne lassen die Söhne Israels, als ich sie aus dem Lande Ägypten führte, ich Gott, euer Gott. 3. Mos. 23. 34‑43.
Das Fest der Hütten sollst du dir machen sieben Tage, bei deinem Einheimsen von deiner Tenne und deiner Kelter. Und du sollst dich freuen an deinem Feste, du und dein Sohn und deine Tochter und dein Knecht und deine Magd und der Levite und der Fremdling und die Waise und die Witwe, die in deinen Toren sind. Sieben Tage sollst du ein Fest feiern Gott, deinem Gotte, an dem Orte, den Gott erwählen wird. Denn Gott, dein Gott, wird dich segnen in allem deinen Ertrage und in allem Werke deiner Hände; da sollst du nur freudig sein. 5.Mos. 16. 13‑15.