Verbotene Ehen

1. Wie von der treuen Pflichterfüllung der Ehegatten, so hängt der heil und Heiligung bringende Einfluß der Ehe auch davon ab, dass die Eheschließenden nach ihren äußeren Verhältnissen sowohl, als in der Neigung ihres Herzens für einander geignet sind. Darum ist der Entschluß, eine Ehe zu schließen, der wichtigste im menschlichen Leben, und niemand sollte ihn fassen, bevor er sich zu überzeugen gesucht hat, dass seine Wohl dem heiligen Zweck entspricht, den die Tora durch die Stiftung der Ehe beabsichtigt.

 2. Nicht körperliche Schönheit, nicht Vermgöen sollen bei diesem Entschluß den Ausschlag geben, sondern wahre Frömmigkeit, edle Gesinnung und Tüchtigkeit. ‑ Es ist wohl nichts Unrechtes, auf das zur Gründung einer Familie nötige Vermögen auch Rücksicht zu nehmen; aber Ehen, welche hauptsächlich um des Geldes willen, ohne Rücksicht auf Würdigkeit geschlossen werden, sind selten segensreich. ‑ Eine Sünde aber ist es, eine einmal gelobte Ver­bindung wegen des Vermögens wieder aufzuheben.

3. Eheschließende sollen ganz besonders auf die Unbescholtenheit und Frömmigkeit der Familien achten, mit welchen sie sich verbin­den wollen; sie sollen die Verbindung mit Familien meiden, die im Rufe der Frechheit, der Streit‑ und Schmähsucht, der Lieblosigkeit und Hartherzigkeit stehen, und sich mit solchen zu verbinden suchen, in welchen die Tora gepflegt und Wohltätigkeit geübt wird, damit das neu zu gründende Haus eine Heimstätte werde für Tora, Gottesverehrung und Wohltätigkeit.

 4. Ganz besonders ist aber darauf zu achten, dass man keine eheli­che Verbindung eingehe, welche nach den Vorschriften der schriftlichen oder mündlichen Tora veboten ist, wenn sie auch nach der bürgerlichen Gesetzgebung erlaubt sein sollte. Es ist unmöglich, alle dieser Verbote hier aufzuzählen; sie betreffen ausschließlich die Verbindung mit Verwandten und gehören zu den strengsten Verboten der Tora wie Götzendienst und Mord. Es ist darum heiligste Pflicht jedes Israeliten, bevor er an eine Ver­bindung mit Verwandten nur denkt, sich genau darüber belehren zu lassen, ob diese von der Tora gestattet ist. (3. Mos. Kap. 18 und Kap. 20, 10‑22).

5. Folgende Eheverbote sind noch besonders hervorzuheben:

a. Die Ehe mit einer Frau, welche nicht nach den Vorschriften der Tora durch den Scheidebrief (Get) von ihrem noch lebenden Mann geschieden ist, ebenso mit einer Frau, deren Mann verschwunden ist, ohne dass sein Tod nach Toravorschrift bezeugt werden kann, wäre Ehebruch und ist als solchr strengstens verboten. Die Schei­dung oder Toterklärung durch die bürgerlichen Gerichte genügt nicht für die Wiederverehelichung dieser Frauen.

 b. Die Wiederverehelichung einer Witwe, deren verstorbener Mann keinen Nachkommen, aber einen Bruder von väterlicher Seite hin­terlassen hat, ist, wenn diese Witwe mit diesem ihrem Schwager nicht derart verwandt ist, dass nach dem jüdischen Gesetz eine Ehe zwischen ihnen nicht geschlossen werden kann, so lange verboten, bis an diesem Bruder ihres verstorbenen Mannes der Chalizaakt nach Toravorschrift vollzogen worden ist. Sind mehrere  Brüder des Verstorbenen vorhanden, so ist zunächst der älteste derselben verpflichtet, sich dem Chalizaakt zu unterziehen, um hierdurch seiner verwitweten Schwägerin die Wiederverehelichung zu ermöglichen. Ist der älteste der Brüder mit der Witwe in angege­bener Weise verwandt, so geht die Pflicht auf den nächst jüngeren Bruder über.

 6. Die Fortpflanzung und Überlieferung der Tora von Eltern auf Kinder bildet den Inhalt des Bundes zwischen Gott und Israel und ist darum Israels Hauptaufgabe. Sind nun nicht beide Eltern Israeliten, so ist nicht nur diese Überlieferung unmöglich, sondern auch die Besorgnis gerechtfertigt, die Kinder aus solcher Verbindung, ja sogar der israelitische Teil der Eltern, würden der Tora abtrünnig werden; darum kann nach der Tora eine Ehe zwischen Israeliten und Nichtisraeliten nicht stattfinden, so lange der Nichtisraelit nicht zu Israel in der vorgeschriebenen Weise ( ) übergetreten ist. Doch soll kein Übertretender (Ger) angenommen werden, wenn er nicht aus voller freier Überzeugung, sondern nur einer Eheschließung oder anderer irdischer Vorteile willen überzutreten beabsichtig, wie denn überhaupt jedem Über­tretenden abgeraten werden soll.

7. Da von der strengsten Beobachtung des Eheverbots mit Nichtisraeliten der ganze Bestand Israels und der Tora abhängt, namentlich in der Zerstreuung, so haben unsere Weisen s.A. ver­schiedene Umzäunungen angeordnet, welche uns von jeder Gelegen­heit fernhalten sollen, die zu solchen Verbindungen führen könn­te. Sie verboten die Teilnahme an Hochzeitsmahlzeiten von Nich­tisraeliten, selbst wenn wir unsere eigenen erlaubten Speisen genießen wollten. Weil nichts mehr jene Vertraulichkeit erzeugt, die zur Eheschließung führt, als gemeinschaftlicher Weingenuß und gemeinschaftliches Mahl überhaupt, so untersagten sie den Genuß von Wein, welcher sich frei in der Hand eines Nichtisraeliten befunden, und von Speisen, welche ein  Nichtisraelit, wenn auch aus erlaubten Stoffen, ohne Beihilfe eines Israeliten gekocht oder gebacken hat. (  ). andere Getränke, wie Obstwein, Bier, Met usw., Bort, das ein nichtisraelitscher Bäcker aus seinem Mehl zum Verkauf gebacken, geringfügige Speisen, die nicht bei vornehmen Tafeln aufgetragen zu werden pflegen, sowie Gegenstände, welche ebensogut roh wie gekocht genossen wrden können ‑ das alles ist nicht verboten. Was aber ein Nichtisraelit aus Stoffen kocht oder backt, welche einem Israeliten gehören, ist verboten, wenn nicht ein Israelit irgendwie dabei mitwirkt, etwa durch Anschüren des Feuers, wäre es auch nur ein gesottenes Ei.

8. Aus diesen gestatteten Ausnahmen ist deutlich zu erkennen, dass nicht die Meinung, die Speisen seien unrein, die Veranlassung zu diesen Verboten gegeben hat, sonst müßte ja alles verboten sein; aber die den Verboten zugrunde liegende Weisheit ist durch die Geschichte bestätigt. Schon beim ersten Anfang der Zerstreuung hatten Daniel und seine Genossen sich diese Verbote selbst aufer­legt, (Dan. 1) und ihren Zeitgenossen empfohlen; diese folgten aber nicht allgemein dem Wort und Beispiel Daniels, und wirklich entstanden bei der Rückkehr aus Babylon viele Mischehen, deren Sprößlinge sogar die heilige Sprache verlernt hatten und die Tora nicht mehr zu lesen vermochten, woraus große Verwirrungen ent­standen, wie Esra 9 und 10 und Nechema 13 uns erzählt wird. Darum wurden später, als die Zerstreuung sich immer weiter ausdehnte, diese Verbote wiederholt erlassen und allgemein angenommen.

 Hütet meine Gesetze und Rechtsordnunge, die der Mensch zu erfül­len hat und Leben durch sie gewinnt, ich bin Gott. Jeder, jeder, zu aller Verwandtschaft seines Fleisches sollt ihr euch nicht nähern, Blöße zu enthüllen… Denn jeder, der von diesen Abscheu­lichkeiten etwas übt, die es verübenden Seelen werden aus der Mitte ihres Volkes entwurzelt. 3. Mos. 18, 5.6.29.

 Du sollst dich mit ihnen nicht verschwägern, sollst deine Tochter nicht seinem Sohn geben und seine Tochter nicht nehmen für deinen Sohn; denn er würden deinen Sohn abwendiug machen, mir nachzufol­gen. 5. Mos. 7, 3.4.

 Wenn er dich einlädt und du issest, da könntest du auch von seinen Töchtern für deine Söhne nehmen. 2. Mos. 34, 15.16.

 Daniel nahm sich im Herzen vor, sich nicht zu versündigen durch die Speisen von der Tafel des Königs und durch dessen Mundwein, und erbat es sich von dem Obersten der Hofbedienten, dass er sich nicht versündigen müsse. Dan. 1.8.

 Auch zu jener Zeit bemerkte ich, dass Jehudim Frauen aus Asdod,  Ammon und Moab geehelicht hatten, und dass ein Teil ihrer Kinder die Sprache Asdods redete und nicht die Sprache der Jehudim zu sprechen vermochte, sondern die Sprache dieses und jenes Volkes…Hat sich nicht dadurch versündigt Salomo, der König von Israel, desgleichen kein König war unter vielen Völkern, und von Gott so geliebt, dass ihn Gott zum König einsetzte über ganz Israel ‑ auch ihn verleiteten die fremden Frauen zur Sünde. Nech. 13,23.24.26.

Schreibe einen Kommentar